Mein Erfahrungsbericht zum Juniata & zur Zeit in den USA

Hallo zusammen,

anbei mal ein Erfahrungsbericht, den ich im letzten Jahr für ein erhaltenes Stipendium anfertigen musste. Ich finde, dass ich ihn mal mit euch teilen sollte!

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Erfahrungsbericht Tobias Krebs

Für mich war schon zu Schulzeiten klar, dass ich gerne mal ein Jahr in den USA verbringen wollen würde. Diesen Traum hatte ich schon während meiner frühen Kindheit ausgemacht. Die USA, das war mein Land der Träume.

Im Laufe meines Studiums habe ich erfahren, dass es möglich ist, im Rahmen meines Studiums an das Juniata College in Pennsylvania, USA, zu gehen. Ich habe von jenem Moment an nur das Ziel „Juniata College“ gesehen. Auch wenn es einige Bewerber für das Auslandsjahr gab, so konnte ich mich doch gegen andere durchsetzen und habe im Januar 2013 dann die Gewissheit bekommen, dass ich derjenige sein würde, der in die USA gehen würde.

Nach all der anfänglichen Strapazen (Visumsbeantragung, Stundenplanerstellung, Vorbereitung usw.), ging es für mich im August 2013 in das unbekannte Land USA. Auch wenn ich bereits in zwei Urlauben in den USA erste Erfahrungen sammeln konnte, so ist ein Jahr des Lebens dort doch etwas völlig anderes.

Mit eben diesen Gedanken verließ ich auch am Flughafen in Düsseldorf meine Familie, um das Flugzeug in die Staaten zu boarden. Ich wusste nicht, was mich in den USA erwarten würde, wusste nicht, wie das College dort sein würde – und wusste auch nicht, wie die Leute dort sein würden.

Ich hatte einige Strapazen hinter mir, endlich in die USA zu reisen, ja, das war schon irgendwo eine Erleichterung. Dennoch war es gleichzeitig auch mit Traurigkeit verbunden – denn zum ersten Mal in meinem Leben musste ich mich von meiner Familie für mehr als drei Wochen verabschieden. Besonders hart war es, mich von meinen Eltern und meinem Bruder zu verabschieden. Diese waren in all der Vorbereitung und in so vielen Krisen zuvor immer an meiner Seite – nun machte ich mich auf in die erste Reise, bei der ich für einen langen Zeitraum auf die persönliche Unterstützung verzichten musste. Ich war mir dennoch sicher, dass ich weiterhin viel Kontakt haben würde – denn dank Skype und Co ist Kontakt halten in der heutigen Zeit sehr einfach.

Als ich nach einer langen Reise in Huntingdon ankam, erwartete mich dort eine der freundlichsten und besten Ankünfte, die ich mir vorstellen konnte.

Ich wurde vom International Office begrüßt und gleich mit all den neuen Internationals bekannt gemacht, von denen einige für ein, viele aber wie ich für zwei Semester am Juniata studieren würden.

Zu dem Zeitpunkt wusste ich es noch nicht, doch die Personen, die ich an jenem Tag im Sommer traf, wurden zu einigen der besten Weggefährten, die ich in meinem ganzen Leben jemals kennen lernen durfte.

Neben neuen Weggefährten musste ich mich aber auch mit einigen anderen kulturellen Unterschieden auseinandersetzen, die ich – als Vorbereitung für andere Teilnehmer in den USA – mit anfüge:

Whatsapp – in Deutschland fast schon Standard – kennt man hier fast nicht.

Statt Avicci, den nicht viele kennen, hört man hier eher Rap- oder Countrymusik. Der Sommer-Megahit des Jahres 2013, „Wake me up“, wurde erst im späten Herbst hier in Pennsylvania bekannt.

Es gibt Meetings und Termine für alles, vor allem in den ersten Wochen.

Campuspolizei bzw. CampusSecurity – ja, die gibt es hier – trägt mindestens genau so viele Waffen wie die deutsche Polizei und fährt dicke Jeeps.

Eine Party beginnt eher – und hört spätestens um 2 auf.

Das Wetter hier in Pennsylvania kann sich super schnell ändern – morgens Regen und Pullipflicht, mittags Sonne pur und eine Hitze wie in Spanien.

Wal-Mart (und auch viele andere Großmärkte) hat 24 Stunden rund um die Uhr 7 Tage die Woche auf. Sonntage? Gibt es nicht in der Form wie in Deutschland.

Kranwasser ist schmeckbar gechlort.

„Traveln“ ist hier was schwieriger – beispielsweise fahren aus Huntingdon nur zwei Züge täglich. Einer Richtung New York, einer Richtung Pittsburgh.

Vorlesungen erinnern (zumindest hier) mehr an Schulstunden – Mitarbeit wird sogar benotet.

Popcorn ist salzig – nicht süß.

Will man Profisportler werden, wird man erstmal Teil eines Collegeteams und studiert dort auch irgendwas (leichtes) – erst danach kommt man, wenn man Glück und Talent hat, in ein Profiteam. Freizeit- und andere Vereine wie in Deutschland gibt es nur ganz wenige – (fast) alles läuft über Highschool und College.

Mit 18 ist man hier – meiner Ansicht nach – noch nicht so, wie man in Deutschland normalerweise mit 18 ist. Manche wirken … jünger.

Es gibt hier keinen Döner, keine Brötchen und keine „Prinzenrolle“.

Wenn jemand niest, sagt man hier statt „Gesundheit“ „Bless you“.

Wenn ich davon erzähle, dass es in Deutschland durchaus legal ist, auf der Straße Alkohol zu trinken, dann werde ich manchmal angeschaut, als hätte ich etwas Unanständiges gesagt. Alkohol kauft man hier in Pennsylvania in „Beerstores“ oder „Liquor Stores“ – in Supermärkten hingegen bekommt man Alkohol in Pennsylvania nicht. Das ist von Bundesstaat zu Bundesstaat zwar unterschiedlich, aber hier in Pennsylvania ist das Alkoholgesetz sehr streng.

Auf Straßen – ja, auch auf den Highways, den Gegenstücken zu deutschen Autobahnen – darf rechts überholt werden.

Freie (Getränke-)Refills in Restaurants bei den meisten Bestellungen – ich liebe es!

In vielen Einrichtungen gibt es gratis Wasserspender – auch in Restaurants ist (Kran-)Wasser kostenlos.

Der öffentliche Nahverkehr ist hier mehr oder minder nicht existent – und die Deutsche Bahn wird von vielen Ausländern, die schon einmal in Deutschland waren, als bester öffentlicher Transportweg weltweit angesehen. Zurecht!

Straßenbeleuchtungen sind offenbar nicht so beliebt – viele Straßen sind nachts nur spärlich beleuchtet. Zumindest in kleineren Städten.

In Clubs wird man – wenn man unter 18 ist und den Club überhaupt betreten darf – durch unübersehbare Markierungen auf den Händen als „U21“ gekennzeichnet, damit man keinen Alkohol ausgeschenkt bekommt.

Halloween hier erinnert mich ein wenig an unseren „Karneval“.

Ich glaube mittlerweile, dass das Zugsystem in Deutschland weltweit eins der Besten ist – dass haben mir auch einige der Internationals bestätigt, die schon in Deutschland und völlig erstaunt vom
Schienennetz, der Fahrpläne und der Organisation waren.

Steht man an einer Ampel und möchte rechts abbiegen, ist das an nahezu jeder Kreuzung erlaubt – man muss allerdings kurz stoppen und schauen, ob kein anderes Fahrzeug kommt.

Cascada ist genauso wie Lou Bega’s „Mambo No. 5“ nicht unbekannt – läuft „Everytime we touch“ auf einer Party, kann das fast jeder mitsingen.

Ich habe letztens eine Präsentation in einer High School gemacht – und musste erstmal mein Gesicht in eine Kamera halten, bevor überhaupt die Tür geöffnet wurde.

Das College hat einen Büchershop, in dem
man auch Tassen, T-Shirts und Pullis mit “Juniata” – Aufschrift kaufen kann.

Sprit kostet hier rund 3,70$ pro Gallone – also bei aktuellem Kurs 2,70€. Für 3,79 Liter!!
Die Fahrer hier finden es trotzdem noch teuer. Ha. Die sollten mal
in Deutschland tanken.

Für zwei Gallonen “Arizona Ice Tea” zahlt man hier in manchen Supermärkten 5 Dollar – also 3,70€ für 7,56 Liter.
In Deutschland zahlt man mindestens einen Euro – für 0,5 Liter.

Güterzüge können mehrere Kilometer lang und doppelstöckig seien.

Watchever – eine deutsche Streamingseite, beispielsweise für Serien auf deutsch – kann mit IP aus den USA nicht genutzt werden.

Für das Empfangen von SMSen muss man – hat man keine Flat – zahlen. Ja, auch mit einer amerikanischen Nummer.

Es gibt bei Burger King zwei Whopper für 5 Dollar, bei Subway das “Big Philly Cheesesteak Sandwich” und bei Mc Donalds einen doppelt so großen Mc Flurry zum selben Preis wie in Deutschland.

Was ebenfalls noch sehr unterschiedlich ist, ist die Tatsache, dass es hier am
College “Clubs” gibt. Sie entsprechen wohl am ehesten den deutschen “AGs” der Schule, haben aber keine wirklichen Verpflichtungen und bringen auch keine Credits – dienen dafür aber dem
Füllen der Freizeit.

Insgesamt gibt es 93 (!) verschiedene davon. Die Entscheidung, irgendwo beizutreten, trifft man am “Lobsterfest” – das heißt, es wird auf dem
Campus gegrillt (Hummer, aber auch normales Fleisch) und man hat die Möglichkeit, sich hier oder dort einzutragen. Für das Eintragen braucht man auf jeden Fall Zeit – denn bei den Clubs ist wirklich alles dabei.
Fußball und Rugby spielen.
Radio machen.
Star Wars Laserschwertkämpfe austragen.
Zusammen Pokemon zocken.
Selbst ein Quidditchteam (!!!!!!!) gibt es. Ich habe aber schon nachgefragt, die Gegner sind leider nicht aus Slytherin oder Griffindor, sondern werden nur intern gesucht. Schade.

Achja   – last, but not least – der Sport am College steht in viel höherer Wichtigkeit als in Deutschland.

Wer hier Teil eines Teams (z.B. Fußball oder Football) werden will, der muss zu Beginn des Semesters ein “Try Out” mitmachen – und nur die besten des viertägigen “Try Outs” kommen ins Team. Hat man es dann einmal ins Team geschafft, stehen 6 Trainingseinheiten pro Woche auf dem
Plan – neben den belegten Fächern nicht gerade wenig.

Neben all den Unterschieden habe ich natürlich auch neue Freundschaften gefunden – und da muss ich sagen, dass es eine riesige Freude war, all die verschiedenen Freundschaften zu knüpfen, mit Studenten von überall her.

Ich habe nun Freunde in Japan, Mexiko, Australien, England, Frankreich und in noch so vielen anderen Ländern. Natürlich habe ich auch viele Freundschaften hier in die USA aufgebaut, doch das ist ja fast schon selbstverständlich, wenn man über eine so lange Zeit in einem Land ist. Ich bin froh, all die Menschen getroffen zu haben – denn dadurch habe ich auch viel über mich selbst herausgefunden.

Insgesamt muss ich sagen, dass dieses neue Leben hier am College ein riesiges Geschenk war. Auch wenn das Studieren an einem College um einhundert Prozent anders ist als das Studium in Deutschland, so will ich doch keine einzige Erinnerung missen, die ich hier gemacht habe.

Ich persönlich kann jedem nur raten, ein Auslandssemester (oder noch besser: ein Auslandsjahr) zu machen, denn eine bessere Erfahrung kann man meiner Ansicht nach nicht machen. Da ich die ganze Zeit über in den Staaten geblieben und in den Ferien lieber herumgereist bin, als über Weihnachten nach Hause zu kommen, habe ich viel gesehen, beispielsweise Florida, den Grand Canyon und den Times Square an Silvester – doch das aller beste, was mir in diesem Jahr passiert ist, war die Art, wie ich selbst mich weiterentwickelt habe.  Ohne dieses Jahr hätte ich mich nicht in dieser Form weiterentwickelt.

Das Jahr war anstrengend, erlebnis- und erinnerungsreich. Es war interessant, lehrhaft, reiselustig – und ich habe nicht einen einzigen Moment daran gezweifelt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ich habe neben meinem Studium viele neue Orte bereisen können, unfassbar tolle Menschen getroffen und Erfahrungen gemacht, die ich ohne mein Auslandsjahr niemals hätte machen dürfen. Ich bin unfassbar froh, dass ich die Chance bekam, dieses Jahr zu machen – und hätte mir für mein Studienjahr 2013 / 2014 keinen besseren Verlauf vorstellen können.

Ich habe in meinem Blog (www.huntingtobi.de) meine Erfahrungen ebenfalls festgehalten, habe dort auch ein Kontaktformular eingerichtet.

Sollten irgendwelche Fragen in der Vorbereitung eines Auslandsaufenthaltes auftauchen, so stehe ich gerne zur Verfügung.

Alles Gute wünscht

Tobias aka „Toby“ aka „Tobi“ aka „Huntingtobi“ Krebs

 

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Ich denke, dass der Bericht alles nochmal gut zusammenfasst. Was ein Jahr. Ich bin sehr dankbar, dass ich es erleben durfte.

In diesem Sinne:

„Sei nicht traurig, dass es vorbei ist – sei glücklich, dass du es erleben durftest“

Mike Melvin (ein Freund vom College)

Euer Tobi